|
Abschied von einem lieben
Gedanken
"Lass die Finger von Ekatarina",
schmetterte Sebastian auf dem Weg nach
Freudenberg um seine Unruhe herauszubrüllen. In
voller Absicht sang er nicht "Emanuela"
wie es im Lied der Band Fettes Brot richtig
hieß.
Er war unterwegs zu Katja, die mit richtigem
Namen Ekatarina hieß. Katja und er kannten sich
jetzt seit einem halben Jahr, hatten sich aber
nie alleine getroffen. Jedes Lächeln, das Katja
ihm offenbart hatte und jede flüchtige
Berührung mit ihr, hatte ihm einen wohligen
Schauer durch den Körper gejagt. Es hatte nicht
viele dieser Momente gegeben und fast genauso
selten war es zu einem Wortwechsel zwischen Katja
und Sebastian gekommen. Vor einer Woche hatte er
sie schließlich zum Pizza essen eingeladen.
Sebastian parkte sein Auto, stieg aus und
klingelte bei Katja. Im Treppenhaus ging Licht an
und wenig später öffnete sich die Haustür. Mit
Katjas Erscheinen verbreitete sich ein heller
Schimmer über Sebastian. Er zeigte Katja ein
flüchtiges Lächeln und führte sie dann zu
seinem Auto.
Zehn Minuten später saßen sie bei einem
Italiener. Katja saß Sebastian gegenüber und
berichtete von ihrer Projektwoche in der Schule.
Endlich fand Sebastian Zeit Katja auf sich wirken
zu lassen.
Unter ihrem weißem Poloshirt zeichneten sich
ihre Brüste ab. Ihr hellblondes Haar streichelte
ihre Schultern und strahlte mit ihrem Gesicht um
die Wette. Mit großen Augen schaute sie ihn
offen an und lächelte. Sebastian drohte in ihrem
Gesicht zu versinken. Kurzum, sie war
hinreißend.
Sie sprach mit gelassener Stimme und mit der Zeit
wurde auch Sebastian ruhiger. Vor allem redeten
sie über die Schule, auch wenn Sebastian diese
schon längst hinter sich gelassen hatte.
Entscheidend war allein, dass sie nicht
schwiegen.
Katja spielte mit ihrer Serviette und Sebastian
fiel auf, dass ihre Hände leicht gerötet waren.
Dann fiel von Katja nebenbei eine Bemerkung zu
ihrem Ex-Freund. Sebastian, der nicht gewusst
hatte, dass sie schon mal einen Freund hatte,
befiel in diesem Moment Traurigkeit. Bereits am
Telefon hatte Katja ihm klar gemacht, dass er
für sie nur ein Freund war. So schmerzte es
jetzt zu wissen, dass es bereits jemanden gegeben
hatte, der Katjas bezaubernden Körper in den Arm
schließen und ihre zarten Lippen hatte küssen
durfte - Sebastian würde es nie dürfen. Es
erschien ihm unfair, dass es bereits ein
Glücklicher getan hatten und irgendwann ein
anderer Glücklicher wieder tun durfte.
In diesen trüben Gedanken wurde er unterbrochen
als Katja endlich die entscheidende Frage
stellte: "Wieso hast Du mich
eingeladen?" Dabei schaute sie ihm geradeaus
in die Augen.
Sebastian senkte die seinen. Jetzt war der
Zeitpunkt Katja seinen Wunsch mit ihr zusammen zu
sein zu eröffnen. Ihr das deutlich zu machen,
was er sich seit der ersten Begegnung mit ihr
erhoffte. Doch er sagte nur: "Ich wollte
mich eben mal mit dir treffen und dich besser
kennen lernen."
Das Essen kam und schweigend aßen sie eine
Weile. Katja aß nur zur Hälfte auf und auch
Sebastian ließ ein großes Stück seiner Pizza
liegen. Sie unterhielten sich noch eine Weile und
standen dann auf. Sie holten ihre Jacken und
Katja bat ihn kurz ihre Handtasche zu halten.
Sebastian empfand dies als ein Zeichen des
Vertrauens und fühlte sich wohl. Er fragte sich,
ob Katja und er auf die anderen Gäste wie ein
Pärchen wirkten und auch dieser Gedanke gefiel
ihm.
Zehn Minuten später stoppte Sebastian sein
Auto wieder vor Katjas zu Hause.
"Es war ein schöner Abend. Ich hoffe, dass
es auch für dich so okay war.",
verabschiedete sich Katja. Dabei berührte sie
Sebastians Hand und er spürte, dass ihre eigene
ganz kalt war. Gerne hätte er ihre Hand ein
wenig gewärmt, Katja jedoch stieg aus.
Sebastian war dankbar für eine der schönsten
Abende in seinem noch jungen Leben, aber es fiel
ihm schwer von dem Gedanken an ein gemeinsames
Leben mit Katja Abschied zu nehmen, ein Gedanke
den er sehr lieb gewonnen hatte.
Erst als er sich Monate später in ein anderes
Mädchen verliebte, merkte er, dass er auch Katja
geliebt hatte.
© Lars Rindfleisch
zurück
zu "Geschichten"
|
|